V65 - Unser Zugpferd

1995 gelangte die V 65 zu den Osnabrücker Dampflokfreunden.
Damit begann ein neues Kapitel für den Verein. Es bestand erstmals die Aussicht, ein Triebfahrzeug zu besitzen, mit dem weitere Fahrten auch ab den Gleisen der DB- AG möglich sein würden- bot die Lok doch eine Höchstgeschwindigkeit von 80Km/h. Außerdem hat sie in ihren Anfangsjahren im Marburger Raum genau solche Zuggarnituren gezogen, wir sie besitzen.

Die Geschichte der V65 001

Unsere V65 war das erste hergestellte Exemplar dieser Gattung und ist das einzige Exemplar, das heute noch betriebsfähig ist.
Die V65 001 wurde am 23.05.56 in Kassel bahnamtlich abgenommen und danach in Marburg / Lahn beheimatet. Sie wurde in Umlaufplänen der BR 86 und 93 eingesetzt vor Personenzügen auf Nebenstrecken. Die DB hat es bei einer Serie von 15 Stück belassen und für den Einsatzzweck die V100 vorgezogen. Der Hersteller MaK hat aber noch zahlreiche Exemplare dieses Typs an Privatbahnen geliefert.
1962 gelangte die Lok zunächst nach Hamburg Altona, dann wurde sie in Lübeck und Puttgarden stationiert. Hier arbeitete sie im Verschiebedienst. 1973 gelangte sie wieder als Rangierlok nach Altona.
1979, nach der Ausmusterung bei der DB, gelangte die Lok zur Meppen - Haselünner - Eisenbahn, wo sie im Güterverkehr eingesetzt wurde. 1990 führte ein Laufwerksschaden zur Stillegung. 1993 wurde der Motor ausgebaut und anderweitig verwendet.
Als wir die Lok 1995 erwarben, war das Führerhaus stark verrottet und viele Teile mußten beschafft werden, so auch der Motor.
Sie war an ihrem letzten Einsatzort aufgebraucht worden und hatte jahrelang als Ersatzteilspender herumgestanden. Deshalb hat es über 3 Jahre gedauert, bis fehlende Teile wieder beschafft waren und alles in mühevoller Kleinarbeit wieder aufgearbeitet war. So wurde der Dofa- Ofen in Nordenham gefunden. Im November 1998 erfolgte die bahnamtliche Abnahme.
Eine kleine Anekdote aus der Aufarbeitung:
Ein Schmiernippel hatte vorher noch nie funktioniert. Schon beim Hersteller war der Kanal nicht bis zur Schmierstelle durchgebohrt worden. Scheinbar hatte sich nie jemand daran gestört, daß da “kein Fett drauf ging”. Auch die Lok nicht.
Ab 1999 konnten wir unseren Zug dann mit einer eigenen Lok auf die Reise schicken. Ein weiterer Traum war in Erfüllung gegangen.

oben: V65 001 Ende 1995 in Meppen

Die Technik der V65 001

Die Lok ist auch technisch interessant: Erst mit der V16 wurde es kurz vor dem Krieg möglich, die Kraft des Motors hydraulisch zu übertragen. Im Gegensatz zur Dampfmaschine kann der Dieselmotor nicht aus dem Stand ziehen. Eine Kupplung wie im KFZ würde die Kräfte und Gewichte der Eisenbahn nicht überleben. Während des Krieges wurden nur Rangierdiesellok für die Wehrmacht in dieser Technik gebaut. Nach dem Krieg war die V 65 die erste hydraulische Streckendiesellok. Als Antriebsmaschine dient ein langsam laufender Schiffsdiesel mit 72 Liter Hubraum. Das hört man besonders beim Beschleunigen und Starten der Lok. Vom Strömungsgetriebe wird die Kraft auf eine Blindwelle übertragen und gelangt von dort mit Treibstangen auf die vier Achsen- wie bei der Dampflok
Der Stangenantrieb war die Ursache, daß nur 15 Exemplare gebaut wurden. Für höhere Geschwindigkeiten hat man Dampfloks größere Räder gegeben, um die Drehzahl zu begrenzen. Man stelle sich einmal die V65 mit 2m -Rädern der BR 01 Schnellzugdampflok vor.
Ein großer, langsam laufender Dieselmotor darf nicht einfach kalt gestartet werden. Der Verschleiß wäre enorm. So wird die Lok ca. zwei Stunden “vorgeheizt”, ähnlich einer Dampflok. Nur wird hier nicht Kesselwasser erhitzt, sondern das Motoröl. Ab einer Temperatur von etwa 40° C kann der Motor gestartet werden. Um das Anheizen zu beschleunigen, wurde 2001 ein Hilfsbläser installiert.

Anlaßvorgang:
Für 72 Liter Hubraum gibt es keinen Elektrostarter. Deshalb wird der Motor mit Druckluft von 30 atü gestartet- jedesmal ein akustisches Schauspiel.

Freistehende Lampen:
Im Gegensatz zu späteren Lieferungen an Privatbahnen, hatten die DB- Lok freistehende Laternen, wie Dampflokomotiven

Stangenantrieb:
Die Kraftübertragung von der Blindwelle zu den Achsen über Kuppelstangen stellt den technischen Übergang von der Dampflok zur modernen Lok dar. Auch viele Elloktypen aus der Länderbahnepoche zeigten diese archaische Technik. Damit war allerdings die Höchstgeschwindigkeit begrenzt. Man konnte nicht die Räder vergrößern, wie bei Dampflokomotiven. Das war einer der Hauptgründe für die DB, sich bei Streckenlokomotiven für den Antrieb über Drehgestelle zu entscheiden.

Technische Daten der V65:

Achsfolge: D
Treibraddurchmesser: 1250 mm
Länge über Puffer (LüP): 10740 mm
Gesamtachsstand: 5800 mm
Höchstgeschwindigkeit: 80 Km/h
Anfahrzugkraft: 17/8,9 Mp
Dienstlast: 54 t
Reibungslast: 54 t
Fahrmotor: MaK MS 301C
Leistung: 650 PS
Kraftstoffvorrat: 1130 l
Heizbrennstoff Koks: 100 Kg

oben: V65 001 im September 1996

 

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